Montagmorgen

Montagmorgen. Eigentlich ist der Montag ein Tag wie jeder andere- faktisch gesehen. Doch für unser Kollektiv ist es der Tag, an dem die Woche beginnt und an dem alle wieder zur Arbeit MÜSSEN. Dieses MÜSSEN liegt am Montagmorgen einfach in der Luft- mehr noch: Es ist zum Greifen nahe. Man kann es anfassen und zerschneiden, so fest ist es.

Ich meide am Wochenanfang Bereiche, wo viele Menschen unterwegs sein MÜSSEN.

Denn die Energie ist einfach zu erdrückend. Zum Beispiel in der Fußgängerzone unserer Stadt: Menschen mit verkniffenen Gesichtern kommen mir entgegen, sie sehen den Himmel nicht, bemerken nicht die Schwäne, die in einer Formation über ihren Köpfen hinwegziehen. Sie denken daran, wie sie ihre Rechnungen bezahlen, ob sie den nächsten Termin schaffen, wie sie an ein neues Handy kommen, wie die Waschmaschine repariert wird- weil sie es MÜSSEN. Dieses MÜSSEN wurde uns seit unserer Kindheit eingetrichtert. Unsere Eltern lernten, dass sie es nur zu etwas bringen, wenn sie (sich) viel schaffen. Und das ist heute noch zu spüren.

Viele laufen einem Ideal nach, was es von der Vergangenheit nicht in die Zukunft geschafft hat.

Es ist veraltet, hat ausgedient. Niemand braucht es noch in dieser Zeit- der neuen Zeit. Das einzige, was wir mit dem MÜSSEN erreichen, ist, dass wir uns abhetzen und dass wir das, was wir eigentlich wollen, nie schaffen. Wir laufen und laufen und kommen praktisch nie an. Denn das, was uns zum MÜSSEN antreibt, ist nicht im Außen, es ist in unserem Inneren. Wenn wir uns das MÜSSEN nicht abgewöhnen, dann hetzen wir weiter durch unser Leben, verpassen die kleinen (und auch die großen) Wunder, bekommen Kinder nur aus dem Grund, dass es „zum Leben dazugehört“, häufen zu viele Dinge an, fahren zu große Autos und machen einen Job, den wir natürlich nicht genießen können. Warum? Weil wir uns noch nie gefragt haben, ob das unser Leben ist oder das unserer Eltern. Auch wenn unsere Eltern heute nicht mehr mit uns zusammenleben, sind sie doch jeden Tag da. Wir haben nämlich alles von ihnen übernommen und wenn wir nicht einmal innehalten und uns fragen, was wir vom Leben wollen, dann MÜSSEN wir. Dann leben wir ein Leben, das nicht unser ist. Es ist eine Zeit angebrochen, in der wir uns das MÜSSEN abgewöhnen dürfen. Wir können uns nämlich jetzt fragen: Was ist mir wichtig? Worum soll es in meinem Leben gehen? Der Sinn deines Lebens liegt nicht im Außen, er liegt in dir.

Nur dein Dasein allein begründet schon den Sinn deines Lebens!

Wir können uns also entspannen. Ja, richtig- einfach mal sein- nichts MÜSSEN, sich nicht mitreißen zu lassen von der kollektiven hustle-Energie (hustle= gedränge, eile, hetze) sondern nur sein. Schwierig? Ja, total. Aber wir brauchen mehr Menschen, die sich auf das SEIN konzentrieren, die die Dinge machen, die ihnen wirklich Freude bereiten, die Wolken bestaunen, die Mitgefühl zeigen, die die Natur wertschätzen. Denn das ist es, worum es in der neuen Zeit geht: Mitfühlend und harmonisch mit der Natur und allen Lebewesen einfach nur zu SEIN. Das SEIN drückt sich in dem aus, was du bist: Einzigartig mit deinen Fähigkeiten und Begabungen zu existieren. Nur wenn wir rauskommen aus dem MÜSSEN, erkennen wir die Konstrukte, mit denen wir aufgewachsen sind, die für uns so normal sind, weil wir es einfach nicht anders kennen. Aber wer sagt denn, dass es immer genau so laufen MUSS?

Es gibt unsichtbare Regeln und jeder hält sich daran.

Das kostet uns unser Leben. Denn wir leben daran vorbei. Trau dich auszubrechen. Trau dich, die Dinge zu tun, die du tun möchtest, die dich beleben, die ein Kribbeln in der Magengegend auslösen, vor denen du vielleicht sogar ein bisschen Angst hast. Das ist die Richtung, in die du gehen darfst. Das ist die Richtung, in die deine innere Stimme dich führt. Du darfst das tun, was sich gut anfühlt. Es ist dein Recht. 




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